Seit zehn Jahren sind Jungen in Deutschland rechtlos gestellt
Schon seit zehn Jahren stellt Deutschland jüdische Jungen, muslimische Jungen, Jungen, die an Ärzte mit veraltetem Wissen über kindliche Phimose geraten, sowie Jungen, deren Eltern aus irgendeinem Grund etwas gegen natürliche männliche Genitalien haben, schutzlos. Deutschland schützt keine jüdischen Jungen, keine muslimischen Jungen, keine Jungen überhaupt.
Warum? Weil sie Jungen sind und in dieser Gesellschaft nicht so viel wert sind wie Mädchen, intersexuelle Kinder und Frauen. Weil sie auf dem Altar der Angst vor dem Vorwurf des Antisemitismus geopfert wurden. Schäm‘ Dich, Deutschland.
Heute vor zehn Jahren, am 12.12.2012, hat der Deutsche Bundestag das sogenannte „Beschneidungsgesetz“ verabschiedet. Ein Gesetz, das minderjährige Jungen in Deutschland rechtlos stellt, was ihre Würde, ihre körperliche Unversehrtheit, ihre Sexualität und die Intaktheit ihrer Genitalien angeht.
Es gibt kein Elternrecht, Kindern gesunde Körperteile ohne medizinischen Grund abzuschneiden (außer bei Jungen in Deutschland)
Seit zehn Jahren können Eltern nach Lust und Laune die gesunden Genitalien ihrer männlichen minderjährigen Kinder verstümmeln lassen – ohne jegliche medizinische Indikation – solange der Arzt nur die Absicht hat, diese Genitalverstümmelung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu machen. (Wohlgemerkt, er muss es nicht lege artis tun – er muss es nur lege artis tun wollen.)
Seit zehn Jahren können religiöse Eltern dies sogar von Nichtärzten machen lassen, solange die männlichen Kinder nicht älter als sechs Monate sind. Ein Sonderrecht für bestimmte Religionsgemeinschaften. Kinder haben keine Religion und werden durch ihre Eltern entrechtet, die mit den Sprechern ihrer Religionsgemeinschaften lauthals dieses Sonderrecht einforderten.
Es gibt kein Religionsrecht, Kindern Körperteile abzuschneiden (außer bei Jungen in Deutschland)
Seit zehn Jahren sind Jungen Mädchen nicht mehr gleichgestellt. Sie haben kein Recht mehr auf ihre Würde, auf körperliche Unversehrtheit, auf gewaltlose Erziehung und auf ihre eigene Weltanschauungsfindung. Wenn die Eltern ihnen aus religiösen Gründen die verharmlosend so genannte „Vorhautbeschneidung“ verpassen, setzen sie ihren Kindern ein religiöses Brandzeichen, ein Stigma, das unauslöschlich bleibt. Kinder haben keine Religion und werden so für ihr ganzes Leben gebrandmarkt.
Seit zehn Jahren schäme ich mich, dass in Deutschland Menschen ungleich behandelt werden, wenn sie männlich und minderjährig sind, wenn sie Kinder religiöser Eltern sind, deren Empathie nicht reicht, um zu verstehen, was sie ihren Jungen damit antun, wenn sie Kinder uninformierter Eltern sind, die Ärzten mit veraltetem Wissen glauben, die festgestellte Phimose (Vorhautverklebung) ihres Kleinkindes sei behandlungsbedürftig. Längst ist bekannt, dass quasi jeder Junge mit einer natürlichen Phimose geboren wird, die sich in aller Regel bis zur Pubertät löst, aber auch noch länger bestehen kann. Normalerweise bedarf sie keiner Behandlung, schon gar nicht der Amputation der Vorhaut. Das ist veraltet und längst nicht mehr lege artis.
Seit zehn Jahren ist das sog. Beschneidungsgesetz, § 1631d BGB, ein unsäglicher Fremdkörper im deutschen Rechtswesen und ein Freifahrtschein für Eltern, Ärzte mit veraltetem Wissen und Beschneider, gesunde Genitalien männlicher Kinder zu beschädigen – ohne dass die Kinder ein Mitspracherecht, eine Einspruchmöglichkeit oder sonst eine Chance hätten, sich zu wehren. Die Fürsprecher der Kinder in aller Welt sind alle Intaktivisten weltweit, die sich für die Rechte aller Kinder gleich welchen Geschlechts auf körperliche Unversehrtheit und genitale Selbstbestimmung einsetzen. Viele aufgeschlossene und informierte Ärzte-Organisationen in ganz Europa haben mittlerweile klar Partei für die Kinder ergriffen und stehen an der Seite der Intaktivisten-Bewegung. Täglich werden es mehr, die erkennen, dass das Beschneidungsgesetz ein fataler Fehler ist.
But there is hope
Seit zehn Jahren werden wir täglich mehr. Der Kampf gegen das unsägliche Beschneidungsgesetz in Deutschland und gegen die sinnlose, schädigende Genitalverstümmelung von Kindergenitalien in aller Welt hört nicht auf. Keine medizinische Gesellschaft weltweit empfiehlt eine medizinisch nicht indizierte Vorhautamputation bei Kindern. Die juristische Literatur gegen das „Beschneidungsgesetz“ verdichtet sich immer mehr. Der Intaktivismus ist eine weltweite Bewegung geworden und klärt immer mehr Eltern und Ärzte auf. Ich bin stolz, dieser Bewegung anzugehören und mich für gleiche Rechte aller Kinder einsetzen zu können.
Und das ist gut so.